Last-Minute-Lerntipps

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Eine junge Frau sitzt an ihrem Schreibtisch und arbeitet.

Studierende sind wahre Meister, wenn es darum geht, auf den letzten Drücker große Brocken geballten Wissens in sich hineinzustopfen. Damit Du beim Sprint durch den PowerPoint-Dschungel, der Dich bereits im ersten Semester erwarten wird, einen kühlen Kopf bewahrst, bedarf es einer Last-Minute-Lernstrategie. Denn Zeit ist oft Mangelware. Wir möchten Dich in diesem Artikel mental auf den Prüfungsmarathon an der Hochschule vorbereiten.

Beginnen wir mit dem Essenziellen: Du brauchst Lernfutter – also Kursunterlagen, Bücher & Co. Dein Problem: Du weißt nicht, wie der Moodle-Kurs heißt, in dem Du Deine Prüfung ablegen musst und hast das Passwort gerade nicht im Kopf? Dann ist es spätestens jetzt an der Zeit, der Sekretärin ein höfliches Mail zu schreiben.

Nun noch ein paar Vorbereitungen und schon kannst Du loslegen:

Geh offline

Schalte Dein Smartphone aus oder stell es zumindest auf lautlos: E-Mails, WhatsApp – Nachrichten, Tinder-Matches & Co. lenken Dich nur ab. Die meisten brauchen beim Lernen Ruhe, um wirklich konzentriert arbeiten zu können. Druck Dir die Kursunterlagen aus. Alternativ kannst Du sie auch auf Deinem E-Book-Reader speichern. Das ist besser als auf einem Tablet, da Dich ein E-Book-Reader weniger ablenkt – schließlich hast Du da keine Apps installiert. Deine Mails solltest Du auch nicht zu oft checken, ein bis zweimal am Tag ist ausreichend.

Geh in eine Bibliothek

Die Bibliothek als Lernort ist natürlich nur ein Vorschlag. Du kannst genauso gut in Deiner Wohnung oder bei Oma lernen. Wenn Du aber merkst, dass Dich verschiedene Dinge oder Personen zu sehr ablenken, dann probier die Bib aus. Hier kannst du in der Regel ungestört lernen und hast gleichzeitig noch relevante Bücher griffbereit. Im besten Fall triffst oder verabredest Du Dich mit StudienkollegInnen, die sich auf die gleiche Klausur vorbereiten müssen. Manche Universitäten, wie etwa die JKU Linz, bieten mittlerweile 24 Stunden Lernzonen an.

Sei Dein eigener Coach

Leichter gesagt als getan – vor allem, wenn die Zeit schon knapp ist. Sicher wäre es klug, frühzeitig mit dem Lernen zu beginnen, aber diese Frage stellt sich jetzt nicht mehr. Versuch nicht darüber nachzudenken, wie schwer die Prüfungsfragen werden könnten.

Die 72 Stunden Regel besagt, dass Du innerhalb dieser Zeit bereits wichtige erste Schritte unternehmen solltest, um auf Dein Ziel hinzuarbeiten. Ansonsten fällst Du wieder in die gewohnte Lethargie. Um dies zu verhindern, solltest Du Dein eigener Coach werden. Früher hat vielleicht Mama oder Deine große Schwester noch die Vokabeln abgefragt, nun musst Du Dich selber kontrollieren.

Erstelle ein Psychogramm Deines Profs

Der Lernerfolg ist auch immer von Deinem Umfeld abhängig. Im konkreten Fall also von Deinen Prüfern. Autor Dr. Martin Krengel erwähnt in seinem Buch „Bestnote“ zum Beispiel einen Professor, der bei Prüfungen immer mit frischen neuen Ansätzen überrascht werden will. Andere ProfessorInnen legen hingegen darauf Wert, dass der Stoff möglichst eins zu eins so wiedergegeben wird, wie er vorgetragen wurde (http://bit.ly/2wVMIgb).

Gerade wenn Du nicht mehr viel Zeit hast, Dich auf Deine Prüfung vorzubereiten, solltest Du den Lernstoff eingrenzen und klare Schwerpunkte setzen. Dazu ist es erforderlich zu wissen, welche Themen absolut prüfungsrelevant sind und welche Du mit dem Mut zur Lücke streichen kannst. Besuche Deine/n ProfessorIn am besten in einer Sprechstunde oder versuch sie/ihn nach der Vorlesung abzufangen. Wenn Du geschickt und direkt fragst, kannst Du eventuell einiges aus ihr/ihm herauskitzeln. Beispiel: „Wir haben in Ihrem Kurs das Thema xy behandelt. Das war ja recht kompliziert. Ich habe Angst, mich da zu verzetteln. Wo würden Sie Schwerpunkte setzen?“

Dr. Martin Krengel unterscheidet vier Typen von PrüferInnen:

  • DiskutiererInnen: Sie lieben Gespräche auf einer Augenhöhe und begrüßen unterschiedliche Sichtwesen, wenn diese gut begründet sind.
  • LaberlehrerInnen: Sie wiederholen immer wieder die gleichen Begriffe.
  • PedantInnen: StudentInnen sollen den Stoff in der Prüfung möglichst genauso wiedergeben, wie die Professoren ihn vorgetragen haben.
  • IdealistInnen: Sie vermitteln nicht nur den Stoff, sondern wollen die Studierenden in eine bestimmte Richtung lenken und ihnen eine bestimmte Prägung vermitteln.

Mach mal Pause

Auch wenn Du spät dran bist, solltest Du unbedingt regelmäßige Pausen machen. Diese helfen dir dabei, das Gelernte besser zu verarbeiten, sodass Du es anschließend wieder schnell abrufen kannst. Marketing- und VertriebsexpertInnen machen sich diese Erkenntnis zunutze, um die wichtigste Botschaft zum Schluss vorzutragen.  Spätestens nach 45 Minuten solltest Du die erste Pause machen – fünf Minuten sind ausreichend. Entscheidend ist, dass Du in dieser Zeit keine neuen Informationen, zum Beispiel via Smartphone oder Telefongespräche, aufnimmst. In der Pause kannst Du auch mal einen Power Nap machen: [Studien haben gezeigt, dass dieser leistungssteigernd wirken kann und die Kreativität fördert (http://bit.ly/28Ksh6i).

Der idealtypische Lernprozess

Du fragst Dich vielleicht, wieso Du Dir Gedanken über einen Lernprozess machen solltest, wenn Du ohnehin nicht mehr viel Zeit hast. Bedenke aber, dass Du gerade dann eine Lernstrategie brauchst, um die wenige verbleibende Zeit effizient nutzen zu können. Alle Folien von vorne bis hinten durchzupauken, bringt Dich nicht weiter. Hier ein Überblick über die Lernphasen, so wie Dr. Martin Krengel sie definiert:

  • Strategie bestimmen

Verschaff Dir einen Überblick über die Inhalte der Kurse (Dauer: 1-2 Stunden). Definiere Deine persönlichen Lernziele. Wer zum Beispiel sehr spät zu lernen begonnen hat, möchte oft nur irgendwie durchkommen. Bei dieser Mini-Max-Strategie ist es besonders wichtig, sich an Erfolgsfaktoren zu orientieren und auf das Wesentliche zu konzentrieren. In jedem Fall bist Du erfolgreicher, wenn Du zielbezogen und nicht datengetrieben lernst. Im Klartext: Überlege Dir, was die wichtigsten Inhalte der Kurse sind und setze Schwerpunkte.

  • In den Lernmodus schalten

Motiviere Dich und plane Deine restliche Zeit. Lerne Ablenkungen zu reduzieren und entwickle Spaß am Lernen. Stell Dir zum Beispiel vor, was Du später mit dem Wissen anfangen kannst, stelle Beziehungen zu Jobs her, in denen du später das erlernte Wissen anwenden kannst. So kannst Du Dich auch besser dazu motivieren, Dir sehr theoretische Inhalte anzueignen. Formuliere komplizierte Inhalte in eigenen Worten und frag Deine DozentInnen oder StudienkollegInnen, ob Du das Thema richtig verstanden hast.

  • Das Global Picture suchen

Suche Kernthemen und Zusammenhänge zwischen den einzelnen Lehrinhalten eines Kurses. Streiche Details, wenn sie nicht zwingend relevant sind und Du zu wenig Zeit hast, Dir dieses Wissen kurz vor der Klausur noch anzueignen. Speziell deutschsprachige Lehrbücher sind leider gespickt mit teilweise unverständlichem Fachvokabular oder ewig langen und sehr verschachtelten Sätzen. Mache Dir also nicht die Mühe, jedes einzelne Wort zu verstehen. Wenn Du die Kernaussage eines Arguments verstehst und diese in Stichpunkten notieren kannst, ist das schon Gold wert. Manchmal ist es auch sinnvoll, sich nicht auf die Unterlagen der DozentInnen zu verlassen, sondern selbst in der Sekundärliteratur oder im Internet zu recherchieren.

  • Strukturieren

Verwende beispielsweise Mind-Maps, um Inhalte zu strukturieren und Zusammenhänge herzustellen. Tools wie mindmeister.de oder mindmapfree.com unterstützen Dich dabei.

  • Verbalisieren

Bilde Lerngruppen und tausche Dich mit Deinen KommilitonInnen aus. So machst Du schneller Lernfortschritte und kannst Dich besser motivieren.

  • Kodieren

In seinem Buch „Bestnote“ gibt Dr. Martin Krengel auch Tipps, wie man sich Faktenwissen schneller merken kann, zum Beispiel durch Visual Codes, das sind Assoziationen und innere Bilder.

  • Reduzieren

Versuche den Stoff noch einmal so kompakt zu kürzen, dass alles Wesentliche vorkommt aber Unnötiges weggelassen wird.

  • Trainieren

Und dann heißt es schließlich: Üben, üben, üben – schreiben, reden, rechnen…je nachdem. Und ganz wichtig: Immer wieder wiederholen.

  • Taktieren

In Klausuren zeigt es sich, ob sich der Mut zur Lücke ausgezahlt hat. Versuche in dieser Stresssituation nicht unbedingt auf toll formulierte Texte oder Rechtschreibfehler zu achten. Klar, der Text sollte verständlich und lesbar sein. Aber bedenke, dass es hier primär auf den Inhalt ankommt.

  • Reflexion & Perfektion

Analysiere Deine Lernstrategie nach der Prüfung und überlege Dir, was Du nächstes Mal noch optimieren könntest. Und wer weiß: Vielleicht fängst Du ja nächstes Semester tatsächlich früher mit der Lernerei an. 😉

Und so sieht ein Power-Lerntag aus

Ein anstrengender aber produktiver Lerntag steht Dir bevor. Wenn Du Dir im Vorhinein überlegst, wie Du diesen am besten gestaltest, bleibt am Ende des Tages am meisten hängen. Acht bis neun Stunden kannst Du problemlos schaffen. Voraussetzung: Du hältst die zuvor angesprochenen Pausen ein und lässt Dich nicht ablenken.  Generell ist es wichtig, für Abwechslung zu sorgen. Den ganzen Tag nur monoton zu lesen oder auswendig zu lernen, kann demotivierend sein. Überlege Dir daher, wann und wie lange Du Texte liest, markierst, zusammenfasst bzw. auswendig lernst. Konzentriere Dich auf das Wesentliche, skizziere eine Mind-Map und verwende Bilder. Diese bleiben besser in Erinnerung als Texte.

Wenn Du nur mehr wenige Tage bis zur Klausur hast, hilft Dir eine Methode womöglich besonders weiter: Speed-Reading. 200 Seiten wirst Du zwar auch dann nicht in fünf Minuten schaffen, aber in jedem Fall bist Du deutlich schneller – es sei denn es handelt sich um einen fachfremden Text, den Du nicht gewohnt bist. Speed-Reading in Perfektion lernst Du gewiss nicht von heute auf morgen. Folgende Tipps könnten aber hilfreich sein, um die Lesegeschwindigkeit zu erhöhen (http://speedreading-lernen.com/).

  • Lass Dich nicht von Fachwörtern ablenken
  • Bleib nicht bei Sätzen hängen, die Du nicht gleich verstehst
  • Springe im Text nicht zurück

Der größte Fehler: Sofort den Marker zu benutzen

Laut Anne Murphy Paul gibt es keine schlechtere Lernmethode, als beim ersten Lesen eines Textes bereits Wörter zu markieren oder zu unterstreichen (http://ti.me/1h33pJG). Besser: Den Text einmal schnell lesen und nicht auf unverständliche Details achten, dann diesen ein zweites und drittes Mal gründlicher durchlesen und zwischendurch immer wieder Lerntests machen (http://bit.ly/2vkmxAi). Wichtige Punkte sollen dann mit Randnotizen festgehalten werden. Später kannst Du gerne einen Textmarker verwenden, aber nie beim ersten Mal; und vor allem nicht bei schwer verständlichen Texten. Im Jahr 2013 veröffentlichten auch Professoren der Kent State University eine Studie zum Thema Lerntechniken (http://bit.ly/1f0L8cR). Das Ergebnis: Der neue Lernstoff bleibt am besten hängen, wenn man Problemaufgaben bearbeitet.

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